[Trotter185] Seoul – eine angenehm unaufgeregte Millionenstadt in Asien

Drei Tage Stippvisite zwischen Tradition und Moderne, die Lust auf mehr Korea machen

Text: Swantje Küttner, Bilder: Arthur Pelchen, Reisezeit Januar 2018

Im Rahmen unserer Weltreise über den Jahreswechsel 2017/2018 wollten wir uns einen ersten Eindruck von Japan oder Korea verschaffen. Lufthansa hatte bei der Buchung auf Meilen nur Seoul im Angebot. Also Korea im Winter! Als wir am ersten Morgen über den Innenhof in die Küche gehen, spüren wir sehr kalte Luft auf unserem Gesicht. Ich schätze etwas um minus 10 Grad, Google teilt mir zum aktuellen Standort minus 14 Grad mit, gefühlt sollen es sogar minus 19 sein. Ok, wir packen uns mit Thermounterwäsche, Schals und Mützen richtig gut ein! Das passt für eine Weile – dann muss eine Aufwärmpause in einem der zahlreichen Cafés her. Die Kälte ist trocken und riecht nicht wie unsere Berliner feuchte Luft „in uns rein“. Dazu haben wir strahlenden Sonnenschein. Erst am dritten Tag liegt die Temperatur um den Gefrierpunkt, es ist feuchter und daher eher unangenehmer.

Holzhäuser und traditionelle Paläste

Einquartiert haben wir uns im Sophia Hanok Guesthouse. Hanok heißt Holzhaus. Hier haben wir ein „großes Zimmer“ und fragen uns, wie klein die kleinen Zimmer sind. Fast der ganze Raum wird vom großen Futon eingenommen. Platz für unser Gepäck ist kaum, das Ausbreiten der Sachen hat zu unterbleiben. Wir haben kein Fenster und sind schnell froh, dass dem so ist. Wärmedämmung wird hier noch überbewertet. Es ist trotzdem warm aufgrund der traditionellen Fußbodenheizung, Ondol genannt. Das Futon wird von unten gut gewärmt, auch ich friere nicht.
Die Hanoks sind heute eine Touristenattraktion. Es wurden viele Gästehäuser in diesen alten Häusern errichtet, aber auch Koreaner bewohnen sie wieder. Im StadtteilBukchon Hanok Villageist ein bunter Mix aus privaten Häusern, Cafés und Restaurants sowie Geschäften entstanden. Mehrere Museen informieren über das Leben in Hanoks und Ondul, die Fußbodenheizung.

Seoul hat um die 10 Millionen Einwohner, der Großraum bis zu 25 bis 30 Millionen. Die Stadt wirkt angenehm unaufgeregt, von den Menschenmassen ist wenig zu spüren. Rund um die City Hall sind die Gebäude zu finden, die für eine asiatische Großstadt üblich sind: viele Glasfassaden und große Werbeschilder. Extravakante Architektur im größeren Stil, wie in Singapur oder in chinesischen Städten, gibt es nicht. Dazu kommen die alten Königspaläste der Joseon-Dynastie, die im Zentrum sind. Sie sehen zwar alt aus, sind es aber nicht. Die Grundsteinlegung der Paläste erfolgte vor Jahrhunderten, doch Großbrände Anfang des 20. Jahrhunderts zur Zeit der japanischen Invasion hat fast alles zerstört. Vieles ist neugebaut, auch mit Beton. Dies gilt für die PalästeGyeongbokgung, Changdeokgung und Deoksugang. Sie erinnern ein kleinwenig an die Verbotene Stadt in Peking, sind aber viel kleiner und auch weniger spektakulär.Beim Gyeongbokgung erleben wir denWachwechsel, ein buntes Treiben mit aufwendigen Uniformen und Trommeln. Der Secret Garden des Changdeokgung gilt als Highlight, aber leider nicht im Januar bei eisigen Temperaturen. Schön wirkt der Deoksugang zum Sonnenuntergang, wenn die Lichter angehen. Es verdeutlicht den Kontrast zwischen alten und neuen Häusern in Seoul.

Der Jogye-Sa-Tempel ist das Zentrum des Zen-Buddhismus in Korea. In der großen Halle mit den drei großen Buddhas wird gebetet. Wir setzen uns für gut eine Stunde auf ein Kissen und beobachten das Treiben. Es ist sehr meditativ. Um uns herum wird alles für das Gebet eines Mönchs vorbereitet. Es wird mitgesungen und mitgeredet. Ein einheitliches Verhalten allerBetenden nehmen wir nicht wahr.

Besuch in der DMZ zwischen Nord- und Südkorea

Zu Korea gehört der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea. Schon von Hawaii aus buchen wir eine Tour in die DMZ, in die „Demilitarized Zone“, ein zwei Kilometer breiter Streifen zwischen den beiden Staaten. Aufgrund von angesetzten Militärübungen an diesem Tag können wir nicht das UN-Gebäude besuchen, wo die Grenzsoldaten beider Länder direkt nebeneinander stehen. Aber auch so bekommen wir einen sehr guten Eindruck von der Grenze, die uns sehr an die ehemalige innerdeutsche Grenze erinnert. Wir fahren mit dem Bus in die DMZ hinein, schauen vom Hügel Dora auf die Grenze, sehen die beiden Fahnenmäste (der nordkoreanische ist höher) und sehen auch die Sonderwirtschaftszone des Südens, die im Norden angesiedelt wurde, aber derzeit nicht genutzt wird.
Etwas schräg ist die Dorasan Train Station. Bis hier fahren die Züge aus Seoul. Alles ist vorbereitet, dass die Züge weiter nach Pjöngjang, in die nordkoreanische Hauptstadt, und letztlich nach Europa fahren könnten. Es hängen sogar Schilder, auf welchem Gleis es nach Pjöngjang geht. Aber bis das soweit ist, braucht es noch eine Menge an politischer Entwicklung. Im Januar 2018 war es eher mal wieder verschärft, auch wenn sich Vertreter beider Staaten erst drei Tage vor unserem Besuch an der Grenze im UN-Gebäude getroffen haben. Fünf Monate nach unserem Besuch findet das Treffen der Präsidenten Trump und Kim Jong-un in Singapur statt.

Nordkorea hat im kalten Krieg vier Tunnel (so viele sind bis heute entdeckt) unter der Grenze nach Südkorea gegraben. Der nicht fertig gebaute Third Tunnel wurde im Oktober 1978 von Südkorea entdeckt.Heute ist es eine Art Museum. Wir können 265 Meter unter der Erde direkt an die Grenze laufen, in einer Tiefe von 73 Metern!

Märkte in Seoul

 

Der Namdaemun Market, Koreas größter Markt, zieht sich über zig Straßen und umfasst Gebäude mit mehreren Stockwerken. Hier gibt es alles, man muss es nur finden!!! Uns begeistert die „Blumen- und Dekoabteilung“. Es gibt natürlich echte Blumen – mit intensiven Geruchserlebnissen. Es gibt auch„Fake-Blumen“, wirklich täuschend echt. Auch das Deko-Gemüse und -Obst sieht überzeugend. Es gibt eine unbeschreibliche Vielfalt, bis zum Sellerie-Grün und Macarons, das bunte französische Baisergebäck.
Erwähnenswert ist der Dongdaemun Market. Über fünf Stockwerke gibt es alles, was man zum Nähen braucht: Stoffe, Knöpfe, Reisverschlüsse, Haken und Verzierungen. Hier fehlen mir die Fachbegriffe. Es gibt alles in allen Farben, Breiten, Muster und Arten. Unglaublich! Wer kauft das alles? Zu viele Kunden sehen wir nicht.
Eine Stadt muss man bekanntlich von oben sehen. Seoul hat den Seoul-Tower. Er ist 236 Meter hoch, die Plattformen sind auf einer Höhe von 138 Meter. Der Tower selbst steht auf dem Berg Namsan (243 Meter). Also man hat eine gute Aussicht und merkt, dass man wirklich in einer Stadt mit Millionen ist. Überall ist Stadt, wenn auch nicht ganz so ausgeweitet wie in Sao Paulo, und es ist grüner durch die zahlreichen Hügel. Von hier entdecken wir das 7. höchste Gebäude der Welt:Der Lotte World Premium ist ein 2016 fertiggestellter Wolkenkratzer mit einer Höhe von 555 Meter. Er wurde im April 2017 offiziell eröffnet. Bis zu unserer Internetrecherche hatten wir keine Ahnung, dass es ihn in Seoul gibt.

Koreanisches Essen

Wer uns kennt, weiß, dass es in jedem Reisebericht die Rubrik „Essen“ gibt. Essen und Trinken ist einer der besten Möglichkeiten, ein fremdes Land zu erkunden.Zu allen Mahlzeiten kann man in Korea „Bibimbap“ bekommen. Es besteht aus Reis und verschiedenen Gemüsesorten, Fleisch oder Tofu, einem rohen oder gebratenen Ei und der Gochujang-Chilipaste. Der Name „Bibimbap“steht für „Reis umrühren oder mischen“. Das Essen wird noch ungemischt serviert. Dazu wird eine leichte Suppe gereicht. Fehlen darf natürlich nicht „Kimchi“, milchsauer eingelegtes Gemüse. In Korea gehört Kimchi praktisch zu jeder Mahlzeit. Seit 2013 wurde Kimjang, die gemeinschaftliche Herstellung von Kimchi, von der UNESCO zur Liste des immateriellen Kulturerbes hinzugefügt. Wir lieben Kimchi, finden es nur schade, dass die eine oder andere Portion Glutamat beinhaltet. Das ist leider in Asien so. Aber es gibt mehr als Bibimbap und Kimchi. Wir machen die drei Tage einen guten Mix aus Western und Korean Food. Guten Kaffee und Kuchen gibt es fast an jeder Ecke, in kleinen Cafés oder in bekannten und unbekannten Café-Ketten.

Auch auf Märkten kann man essen. Hier ist der Gwangjang Market zu erwähnen. Überall dampft und brodelt es! An Ständen sitzen Menschen und essen. Unser Reiseführer empfahl „mungbean pancake“, Pfandkuchen aus Mungobohnen. Die Bohnen werden eingeweicht und dann gemahlen. Der Teig wird um diverse weitere Zutaten wie Sprossen, Fleisch, Eier und leider auch Glutamat ergänzt und in viel Öl gebraten. Es ist sehr fettig, aber auch sehr lecker. Lecker sind auch die Porridge-Suppen aus Bohnen, die wir aus Coffee-to-go-Bechern löffeln. Auf das Essen von Schweinefüßen und -schnauzen sowie diverse Krebse verzichten wir!
Und was gibt es noch zu sagen?

Das Zurechtfinden in Seoul war einfach, auch mit der Metro kommen wir gut klar, inklusive des Ticketkaufes. Es ist alles zweisprachig! Es sprechen auch genügend Menschen Englisch. Der Aufenthalt in Seoul hat Lust auf mehr Korea gemacht, zu wärmeren Zeiten.
Übrigens mussten wir zur Ankunft in Seoul die Uhren umstellen, wie noch nie in unserem Leben. Wir waren am Dienstag, 11 Uhr, in Honolulu, abgeflogen. 11 Stunden später hatten wir Mittwoch, 17 Uhr. Wir haben die Uhr um 19 Stunden weitergestellt.

Autorenvorstellung

Swantje Küttner ist freiberuflich als PR-Beraterin, Journalistin und Autorin tätig und schreibt gerne über ihre Reisen. Über die Touren mit dem Allradwohnmobil finden sich ausführliche Reiseberichte unter www.geu-on-tour.de. Überdie Transafrikatour 2005 berichtet sie in ihrem Buch „Die volle Packung Afrika“, über die Schwarzmeerumrundung 2010 in „Eine Reise ums Schwarze Meer“.

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